Spurensuche in Gifhorn

Mittelpunkt des gemeinsamen Lebens von Clara und Franz war Gifhorn. Hier verdichten sich Claras Spuren. Es lohnt sich alte Gemäuer und Wassergräben zu erkunden. Beeindruckendes Zeugnis ist das weiße Schloss im Stil der Renaissance im Weserraum zwischen Ise und Aller. Die Zeitreise beginnt mit der Einfahrt über den Wassergraben auf den äußeren Schlosshof, gibt den Blick frei auf das Torhaus und führt in den inneren Schlosshof mit der Schlosskapelle. In Gifhorn, ebenso wie später in Fallersleben, braute Clara ein Kräuterbier, dessen Zutaten sie im Schlossgarten anbaute. Wer tiefer in Claras Welt vordringen will, der sollte den Weg über das Kopfsteinpflaster ins Museum einschlagen und in der Schlosskapelle Clara in Augenschein nehmen.
Der gesamte Baumbestand auf dem Schlossgelände ist heute ein Naturdenkmal, der Graben aus wehrhafter Zeit von Erlen und Eschen gesäumt. Ein Rundweg lädt zum „Lustwandeln“ ein. Lohnend ist auch ein Bummel durch die Altstadt, zwischen deren Fachwerkfassaden sich das Kavalierhaus aus Claras Zeit abhebt.

Treffpunkte mit Clara:

Gifhorn – Residenz von Clara & Franz

Im frühen Mittelalter lag Gifhorn als kleine Siedlung auf einer Anhöhe im Aller-Urstromtal umflossen von Aller und Ise. Strategisch günstig am Kreuzungspunkt von Kornstraße und Salzstraße gelegen, förderte die Furt über die Ise ihre Entwicklung. Gegen Eindringlinge wie z.B. die Wenden wurde eine Wasserburg gebaut. Handwerker und Kaufleute ließen sich nieder. Im Jahre 1275 wurde dem Ort das Marktrecht verliehen. Der Vater von Herzog Franz verstärkte die Gifhorner Burg und ließ die Altstadt in südlicher Richtung erweitern. Während der Hildesheimer Stiftsfehde von 1519 bis 1523 wurde Gifhorn fast völlig zerstört. Im Jahre 1539 kam Franz als Herzog in die Stadt und bemühte sich um den Wiederaufbau. Nach seiner Hochzeit mit Clara im Dom zu Ratzeburg lebte er mit ihr im Schloss.

Schloss Gifhorn – uneinnehmbare Festung

Das heutige Schloss ist von 1525 bis etwa 1581 im Stil der Renaissance im Weserraum erbaut worden. An der Südostflanke des Herzogtums gelegen, hatte es für die in Celle residierenden Herzöge eine strategisch wichtige Funktion und schützte eine bedeutende Zollstation. Das Schloss wurde daher als Festung mit einem 50 Meter breiten Wassergraben, Wällen und Bastionen angelegt. 1539 überließ Herzog Ernst das Schloss mit den umliegenden Ämtern seinem Bruder Herzog Franz. Gifhorn wurde bis zum Tod von Franz zum Herzogtum. Die „Frauenzimmer“ des Schlosses, die Herzogin Clara mit ihrem weiblichen Gefolge bewohnte, lagen im oberen Stockwerk über der männlichen Herrschaft und hatten wahrscheinlich einen direkten Zugang zur Kapelle.

Schlosskapelle – Zeichen der Reformation

Die Bauinschrift „ANNO DNI 1547“ beweist, dass die Schlosskapelle in Gifhorn der früheste evangelische Kirchenbau in Nordwestdeutschland ist. Mit ihr bekannte sich Herzog Franz weithin sichtbar als christlicher Fürst und schuf einen Ort für den Gottesdienst.
In der Kapelle sind die Initialen „F“ und „K“ für Franz und Klara, zwei Sarkophage und lebensgroße Statuen aus Lindenholz erhalten: der Herzog in Rüstung und Clara im repräsentativen Kleid. Eine Untersuchung der Knochen von Franz aus seinem Sarkophag ergab, dass sein rechter Fuß amputiert wurde. Sogar Verbandsmaterial wurde gefunden. Vermutlich starb er nach einer Jagdverletzung an Wundbrand. Claras Sarkophag ist leer geblieben. Sie starb 1576 bei einem Besuch ihrer Tochter in Vorpommern und wurde dort beigesetzt.

Torhaus – einzigartiges Tonnengewölbe

Wer über den Wassergraben ins Schloss wollte, musste die Holzbrücke ins Torhaus nehmen. Das Torhaus wurde bereits ein Jahr nach Beginn des Schlossbaus 1526 fertiggestellt. Wegen seiner überdimensionierten Größe war es vermutlich ursprünglich als alleiniges Schlossgebäude geplant. Es ist das einzige und letzte Gebäude in Nordeuropa, das Zeugnis von einer einst verbreiteten Dachkonstruktion abgibt. Sie besteht aus hölzernen Halbkreisgiebeln und einem in Längsrichtung laufenden hölzernen Tonnengewölbe, das von Quertonnen durchstoßen wird. Gebogene Balken überspannen diagonal den Raum. Noch bis zum 18. Jahrhundert wurde das Torhaus als Zugang genutzt. Danach wurde es als Kornmagazin verwendet. Das Holzwerk des Daches wurde bei Renovierungsarbeiten weitgehend erhalten.

Kräutergarten – für Apotheke und Bier

Für ihre Apotheke und die Verwendung beim Bierbrauen baute Herzogin Clara im Schlossgarten Kräuter an. Sie hatte während ihrer Erziehungszeit im Augustinerinnenstift Steterburg einiges über Heilpflanzen und ihre Anwendung gelernt. Ihre Tante Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel war damals Priorissa (Vorsteherin). Zum Stift gehörte eine Art Krankenhaus mit ausgebildeter Krankenmeisterin.

Kavalierhaus – Sandsteinfassade in Fachwerk-Altstadt

Das Kavalierhaus wurde im Jahr 1546 erbaut und ist damit das älteste Bürgerhaus Gifhorns. Der damals mit dem Ausbau des Gifhorner Schlosses beauftragte Schloss- und Festungsbaumeister Michael Clare errichtete die massive Sandsteinfassade im Stil der Renaissance im Weserraum mit spätgotischen Elementen. Bauherr und erster Bewohner war Caspar von Leipzig. Von 1539 bis 1543 war er Schlosshauptmann und anschließend Hofmarschall von Herzog Franz.
Bei der Restaurierung wurde eine Tapeten- und Farbschichtenfolge bis ins 16. Jahrhundert freigelegt. Aus der Zeit der Renaissance sind rote und schwarze Begleitlinien zum farbigen Holzwerk und hellen Gefache erkennbar. Heute ist unter anderem im Kavalierhaus das Museum für bürgerliche Wohnkultur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts untergebracht.

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